Wie du mit Aristoteles' goldener Mitte dein Leben kalibrierst
Serie: Inspiration Lesedauer: 4 Minuten
Wann hast du das letzte Mal gehört: „Du musst die goldene Mitte finden“? Wahrscheinlich, als du zu viel gearbeitet, zu viel Geld ausgegeben oder zu wenig Sport gemacht hast. Aber was ist diese "Mitte" eigentlich?
Die meisten von uns denken dabei an einen langweiligen Kompromiss. Mittelmaß. Etwas, das uns weder glücklich noch unglücklich macht. Doch das ist die größte Fehlinterpretation aller Zeiten. Eine echte Denkfalle.
Aristoteles, der wahrscheinlich klügste Denker der Antike, wusste das schon vor über 2.000 Jahren. Er nannte die goldene Mitte die Mesotes-Lehre. Sie beschreibt nicht den Durchschnitt, sondern das perfekte Maß für dich. Ein Maß, das nicht statisch ist, sondern sich dynamisch an deine Umstände anpasst.
Die 3-Schritte-Regel des Aristoteles
Aristoteles lehrte, dass jede innere Stärke (er nannte es „Tugend“) genau zwischen zwei extremen Verhaltensweisen liegt: einem Übermaß und einem Mangel.
Übermaß (Zuviel): Ein Verhalten, das schadet, weil es übertrieben ist.
Mangel (Zuwenig): Ein Verhalten, das schadet, weil es untertrieben ist.
Die goldene Mitte: Das exakte Maß, das im jeweiligen Kontext das Beste für dich ist.
Beispiel: Dein Budget-Dilemma
Aristoteles war der Meinung, dass selbst unsere Beziehung zu Geld eine Tugend sein kann: die Freigebigkeit. Sie liegt zwischen zwei Extremen, die jeder von uns kennt:
Mangel: Geiz. Du sparst alles für einen Traumurlaub und gönnst dir nichts im Alltag. Du hast Angst, Geld auszugeben, selbst wenn es notwendig wäre. Das schränkt dich ein und macht dich unglücklich.
Übermaß: Verschwendung. Du kaufst impulsiv, um ein kurzes Hoch zu erleben. Du lebst über deine Verhältnisse und ignorierst die langfristigen Konsequenzen.
Das ideale Maß ist die Freigebigkeit: Du gibst Geld auf eine Weise aus, die dir und anderen guttut, ohne deine finanzielle Sicherheit zu gefährden. Es ist eine bewusste Entscheidung, die Balance zu finden.
Aber! Nicht alles hat eine Mitte
Ein wichtiger Punkt, den Aristoteles betonte: Nicht jede Handlung hat eine „goldene Mitte“. Mord oder Diebstahl sind nicht „in Maßen“ gut. Sie sind per se verwerflich. Hier gibt es kein „zu wenig“ oder „zu viel“, sondern nur eine rote Linie, die nicht überschritten werden darf.
Die goldene Mitte ist relativ zu dir
Das richtige Maß ist für jeden anders. Aristoteles nannte das „relativ zu uns“ und forderte uns auf, unsere Mitte mit praktischer Klugheit zu finden. Das bedeutet:
Ein Spitzensportler braucht mehr Kalorien als ein Büroangestellter. Das richtige Maß an Kalorien ist für beide unterschiedlich.
Ein Künstler braucht ein anderes Maß an Spontaneität als ein Chirurg.
Deine individuellen Ziele, deine Lebensumstände und dein Charakter bestimmen, wo deine persönliche Mitte liegt. Es ist ein Prozess der Kalibrierung, nicht des blinden Kompromisses.
Fazit:
Die goldene Mitte ist ein Kompass, kein Durchschnitt. Sie hilft uns, bewusst und gelassen zu entscheiden, welche Verhaltensweisen uns wirklich stärken. Es ist die Kunst, das Beste aus zwei Welten zu verbinden und Extreme zu vermeiden, die uns schaden.
Weiterdenken:
Welche Verhaltensweise fühlst du in deinem Leben als Übermaß oder Mangel?
Wo könntest du eine gesunde Balance finden?